USA // white sands - im herzen von new mexico
die zukunft ist ungewiß und preßt sich ganz allmählich durch das nadelöhr der gegenwart. sie braucht da eine weile für, sekunde für sekunde gleitet sie in die vergangenheit wie die körnchen in einer sanduhr. sogesehen ist eine wüste überhaupt nicht leer, sie ist randvoll mit vergangener zeit, gespeichert für die ewigkeit. wenn man also eine möglichkeit finden könnte, die körner rückwärts rieseln zu lassen, hätte man quasi unbegrenzte ressourcen an recyclebarer zeit :)
schönes gedankenspiel, zur praktischen demonstration haben wir eine recht besondere wüste unter die lupe genommen, sie besteht aus gips, trägt den schönen namen white sands und liegt nördlich von albuquerque bei alamogordo, mitten in new mexico im white sands national park. der weg dorthin führt durch das valley of fire, schwarze erde tritt hier in den verbrannten steppen zutage: altes lava-gestein. der ganze gips lag ursprünglich auf dem grund eines meeres, das längst nicht mehr da ist, ein fluß spült ihn aus und der wind trägt ihn von seinen ufern fort und türmt das ganze zeug zu riesigen dünen einer wachsenden wüste auf.
zunächst führen noch asphaltierte straßen durch den park, 10 meilen tief in die wüste hinein, danach rollt man nur noch auf gipspisten. mit dem straßenbau macht man es sich hier einfach, ein bißchen wasser dürfte genügen, den gips zu einem knochenharten grund zu binden, darauf rollt es sich mehr schlecht als recht vorwärts, das lose geröll stapelt sich an den rändern wie schmutziger schnee auf.
aber das gelände hat eine seltsam entrückte, eigenartige schönheit, verwunschen und wie eine monochrome illusion. wenn man aus dem auto steigt, ist das erste was auffällt nicht unbedingt die hitze, sondern die stille, die so allgegenwärtig ist, das man das blut in den eigenen ohren rauschen hört und die man tief in sich einschließen möchte, für schlechte zeiten, wenn es laut und hektisch hergeht. die flugbahn der wenigen summselnden insekten kann man am geräusch nachverfolgen, ohne sie zu sehen, alle laute sind so ulkig isoliert, ohne hintergrundrauschen klingen sie wie aufgenommen und einzeln abgespielt. man hört das leise geführte gespräch auf der anderen seite der straße, gleichzeitig verstummt alles in der ferne, ein herannahendes fahrzeug hört man erst, wenn es fast schon da ist, aber kaum außer sicht reißt der motorklang schon wieder ab. die welt schrumpft zusammen auf eine kleinen punkt, kaum größer als ein paar schritte, aber dadrinne ist das wenige erstaunlich intensiv.
wie im traum wandelt man durch die dünen. zu fuß machen wir uns auf den weg, ein trail führt tief in die gipswüste hinein. es macht sich schwierig, den pfosten zu folgen, zuweilen sind sie halb unter den wandernden dünen verschwunden, der nächste versteckt sich hinter einem hohen gipsberg. am eingang stand als hinweis, man solle unbedingt wasser mitnehmen und sich landmarken zur orientierung merken. wasser haben wir reichlich, aber landmarken gibt es hier nicht, dafür hat man am gips nicht gespart. winzige eidechsen flitzen mit beachtlicher geschwindigkeit dahin, sie sind ebenso weiß wie die umgebung und nur zu erkennen, wenn sie sich bewegen, die hitze macht sie flink. komisches zeug wächst in den dünentälern, man sollte meinen, der gips lädt nicht zum wurzeln schlagen ein. als wir den park verlassen, fühlt es sich wie aufwachen an. es ist nicht gerade ein besonders gastwirtlicher flecken, aber er hat andere stärken und orte wie diesen sollte man wohl öfter aufsuchen. ist jede sekunde wert :)
der abstecher nach white sands hat uns deutlich von unserer marschroute abgeschlagen, mühsam gondeln wir quer durch new mexico über land. das ziel des tages ist roswell, diese durchgeknallte alien-kleinstadt. seit hier irgendein supergeheimes gerät vom militär scheppernd in eine farm eingeschlagen ist und man sehr deutlich versucht hat, das zu vertuschen, werden die gerüchte um die alin-landung einfach nicht leiser und in roswell ist man nicht blöd, sondern schlägt erfindungsreich kapital daraus. bereitwillig shoppen wir den üblichen touristen-tineff, darunter eine fake-kreditkarte mit einer alien-ID, ein scherzartikel. der ladenbesitzer fällt jedoch auf seinen eigenen ulk herein und zieht die karte wieder und wieder durch seinen kreditkartenleser, in der annahme, das ich mit karte zahlen will. verwirrt stehe ich mit meinem bargeld daneben, bis mir ein licht aufgeht, danach lachen wir uns scheckig, ich, weil mir das schicksal diesen geniestreich zugeworfen hat und er, weil er aus der nummer einfach nicht mehr rauskam. an diesem tag hat er aliens wie touristen gleichermaßen gehaßt, die am ende so ziemlich das gleiche sein dürften. wir machen uns wieder auf die socken und reiten, nicht mehr der untergehenden sonne entgegen, aber stilecht dafür nach amarillo, texas.
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