CURAÇAO || +++ DRIVING STATT DIVING +++


+++ WEGE +++
Gibt es, die Insel ist ja nicht so groß, eine Straße geht an der Westküste lang, eine an der Ostküste, das ist recht übersichtlich, dazwischen gibts es immer wieder Querverbindungen, meist zu den Ortschaften hin, man kann sich sowieso nicht verfahren, dafür isses einfach nicht groß genug. Curacao ist eigenständiges Bundesland im Königreich der Niederlande, es wird also rechts rum gefahren :) So auch im Kreisverkehr, obschon ich staunte: Nicht nur die Vorfahrtsregelung pro Kreisverkehr ist unterschiedlich, manchmal wechselt sie auch innerhalb eines Kreisverkehrs. Mit Ampeln wurde gespart, ist ja eigentlich auch überflüssig.
Wegen akutem Platzmangel wurde auch vorzugsweise geradeaus gebaut. Manche Straßen weisen infolgedessen wahnwitzige Steigungen und Gefälle auf, meist in Verbindung mit einer rechtwinkligen Kurve am unteren oder oberen Ende. Das führt zu wilden Achterbahnfahrten über Stock und Stein, bei überhöhter Geschwindigkeit hebt die Kiste im Scheitelpunkt auch gerne mal ab. Das sorgt für große Augen und anhaltenden Fahrspaß. Deutsche Straßenbaubehörden hätten hier vermutlich erstmal schweres Gerät gezückt und großzügig in die Landschaft eingegriffen. Wofür, fragt man sich, es geht doch offensichtlich auch spannend. Steht doch mal ein Baum statt der allgegenwärtigen Kakteen im Weg, wird nicht der Baum gefällt, sondern die Fahrspuren getrennt, der Baum bleibt in der Mitte stehen.
Flickenteppiche und Schlaglochrekorde gehören auch zum Repetoire, da es aber keine Fahrstreifenbegrenzung oder Randbefestigung gibt, sucht man sich beim Entgegenkommen eben Platz, wo er zu finden ist. Dementsprechend floriert das Geschäft für die Reifenflicker, es gibt in jedem Kaff und alle 10 Meter einen extrem preisgünstigen Tyre Service und meine Fresse, sonst läßt man sich ja hier Zeit, aber damit sind die Jungs so geübt, das geht echt schnell! Ich hab aber auch schon Autos mit vier Noträdern gesehen, wenn man viere hat, ist das ein vollwertiger Reifensatz :)
Bei freier Bahn lohnt es sich doch, bremsbereit zu sein, der Wildwechsel setzt sich hierzulande hauptsächlich aus wilden Ziegen, ausgebüxten Ziegen und freilaufenden Ziegen zusammen. Dazu noch ein paar Leguane, die echt überraschend Aktivität entwickeln können, um raschelnd im Dickicht zu verschwinden und die Wara Wara Vögel, die immer etwas etepetetig über die Fahrbahn stolzieren, und es zwar nie unsittlich eilig haben, aber irgendwie auch nie geplättet werden.
Schöner Effekt: die Drempels! Also von Geschwindigkeitsbegrenzung durch Fahrbahnpöller versteht man hier was, die Dinger sind echt mittlere geografische Erscheinungen oder ganz ganz fiese kleine Giftzwerge, die das Fahrwerk richtig durchstauchen. Während wir uns noch über das Warnschild mit der drolligen Aufschrift schlapp lachten, war im nächsten Atemzug eine waschechte Vollbremsung von Nöten, um keinen 2-Personen-Abdruck im Autodach zu hinterlassen.

+++VERKEHRSMITTEL +++
Wie alle Touristen sind wir mit einer dieser winzigen Mietgurke unterwegs, die erstens mit zwei Leuten und Tauchausrüstung einfach bis unters Dach voll sind und zweitens so massenhaft auftreten, das man morgens immer erstmal ins falsche Auto einsteigt, weil ja auch keiner abschließt. Kleinstwagen haben sich hier deutlich durchgesetzt, ist echt erstaunlich, wieviele Großfamilienmitglieder in so ein Kleinteil reinpassen, dafür fährts dann auch gleich gar nicht mehr. Mindestens genauso häufig trifft man den Typ abgehalfterte Mittelklasse-Limousine, die ihre Glanztage schon mindestens zwei Jahrzehnte hinter sich hat, mittlerweile als Schlaglochsucher durch die Gegend kriecht und entweder an gebrochenen Stoßdämpfern einseitig oder totalem Bremsversagen beidseitig leidet. Anfangs habe ich mich noch gewundert, warum manche Fahrzeuge wirklich echt sehr sehr sehr sehr langsam fahren. Die Diagnose bewegte sich von "schlicht überladen" über "vielleicht keinen Führerschein" zu "anderweitig beschäftigt (Telefonieren, Rauchen, angeregt Unterhalten, Picknicken - nicht Zutreffendes bitte durchstreichen)" und "eventuell sturzbesoffen oder schlimmer", bis mangelnde Bremsmöglichkeiten und völlige Abwesenheit geeigneter Straßenlage durch kollaterale Fahrwerksschäden in den Fokus der Aufmerksamkeit gerieten. Man kann keinen Hauptfaktor ausmachen, meist ist es eine Kombination mehrerer Ursachen, die alle nicht weiter schlimm sind, solange sich jeder um seins kümmert, nicht drängelt und nicht völlig austillt. Allerdings muß ich gestehen, das ein gebrochener Stoßdämpfer aus der Ferne betrachtet zu einem interessanten Eintauchen im Kurvenscheitelpunt führt und fehlende Bremsbeläge Verkrampfungen am Lenkrad hervorrufen.
Die Insel ist ganz gewiß der natürliche Lebensraum eines Pickups. Hier fühlt er sich wohl und zeigt sich von seiner ungezwungenen Seite. Das kennt man ja auch eher krampfig, wenns in der Innenstadt durch enge Straßen geht oder ins Parkhaus passen muß - hier macht das Teil endlich Sinn.
Es gibt auch allerorten Bushaltestellen, auch wenn ich selten Busse sehe, sehe ich doch verdammt viele Leute warten. Die Schilder sind etwa so groß wie mein Handy und Wartehäuschen gibt es auch nicht. Gut, es regnet ja auch eigentlich nicht. Nur manchmal. Es geht die Geschichte rum, das es letztes Jahr mal sieben Stunden am Stück geregnet hat. Danach wurde der Notstand ausgerufen - wahrscheinlich weil plötzlich auch auf der Straße Kakteen wuchsen. Dafür wird aus allem was gerade zur Hand ist, Wartehäuschenmobiliar improvisiert: alte Bürostühle ohne Lehne, dreibeinige Gartenstühle, drei hochlehnige Eßzimmerstühle, über die jemand ein langes Brett genagelt hat, damit eine Sitzbank entsteht (naja und der mittlere Stuhl hatte auch nur zwei Beine).
Motorräder gabs auch, ziemliche Hochgeschwindigkeitsgeschosse, die auch gnadenlos ausgefahren werden (sprachen wir eben über anspruchsvollen Fahrbahnverlauf?), und interessanterweise mit verlängertem Rahmen zum Hinterrad. Kennt man ja eher aus den Quarter-Miles, um auf kurze Distanz mehr Leistung auf den Boden zu kriegen, oder von motorisierten Artisten... kommt alles zum Einsatz. Die Hotelmanagerin meinte, wenns hier knallt, dann leider auch richtig. Sogesehen ist es wohl folgerichtig ohne Helm zu fahren, ist ja auch viel zu warm.
Fahrradfahrer sind eher was ganz seltenes, aber besonders im Dunkeln ohne Licht und mit dunkler Hautfarbe und am besten mit dunklen Klamotten möchte ich sagen, ist die Mimikry perfekt, da fällt man vor Schreck schon mal fast tot um. Trallala.


+++TANKEN +++
Funktioniert wie in Amerika: Erst zahlen, dann tanken und dazu den Hebel an der Zapfsäule hochklappen. Tankstellen gibt es genug, man kann also von einem Versorgungsnetz sprechen, aber ich wäre recht vorsichtig, was die Öffnungszeiten betrifft. An den Inselenden wird abends der nichtvorhandene Gehsteig hochgeklappt, dann sollte man alles erledigt haben. Wenns dunkel wird, macht hier jeder seins und in Äquatornähe heißt das halb und halb, um halb acht wirds dunkel und der nächste Tag ist erst in 12 Stunden. Punkt.

Im Großen und Ganzen fährt es sich (je nach Fahrzeug und Bereifung) ganz angenehm. Es ist etwas staubig, eine Klimananlage ist cool, und die karibic machine dudelt den lieben langen Tag la Bamba. Aber wehe es regent, ein Tag mit Sturzhusche war dabei, das macht die Straßen schön schmierig und den Verkehr unberechenbar, die führen sich dann etwa so auf, wie der gemeine Berliner bei zwei Schneeflocken. Dazu ein Phänomen das ich bis dato nur aus der Theorie kannte, die Windschutzscheibe beschlägt schlagartig von außen, weil es innen viel kälter ist. Schlagartig beschlagen meint zwischen jedem Zug der Scheibenwischer, das Ergebnis ist eine Scheibe, die schwarzweiß flimmert, im Takt von Scheibenwischer und neu-beschlagen, sieht hübsch aus, fährt sich aber echt doof.

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