URBAN MINING - das Gerangel um die Schürfrechte
Die Zukunft ist ungewiß und preßt sich ganz allmählich durch das Nadelöhr der Gegenwart. Sie braucht da eine Weile für, der große Mahlstrom der Ereignisse kräuselt sich am Rand ganz mandelbrotmäßig und jeder Mensch sieht nur den schmalen Ausschnitt davon auf Augenhöhe, also was sprichwörtlich vor seiner Nase passiert und den Rest kann er nur abschätzen. Mandelbrot. Hm. Ich glaube die Mandelbrotmenge kommt der Zukunft wesentlich näher als der berühmte Verzeichnisbaum der Möglichkeiten. Im Ganzen windet es sich endlos zwischen wird und würde, aber das macht eigentlich nix, auf meinem schmalen Ereignishorizont spaghettifiziert es sich nur grob in hätte oder hat und das wars.
Wobei der Konjunktiv ne spannende Sache ist und nur weil Dinge im Konjunktiv landen anstelle im Präsenz sind sie noch lange nicht völlig abwegig. Wenn. Wenn ich ein bißchen schlauer wäre, würde ich vielleicht Bücher schreiben, oder wenigstens Briefe, und nicht Tagebuch im Internet (was billiger ist - man spart Papier und Tinte!). Wenn ich ein bißchen reicher wäre, würde ich vielleicht nicht mehr arbeiten, sondern nur noch schreiben (dann könnte ich mir mehr Papier und Tinte leisten). Wenn ich nicht Gestalter geworden wäre, würde ich vielleicht heute mit irgendwas Geld verdienen (und ein handschriftliches Tagebuch ist mir auch zu anstrengend. Ich hab zwar Jahre an meiner Handschrift entwickelt, aber fleißig bin ich deshalb nicht geworden). Wenn ich mit meinem Leben was anderes angefangen hätte, wenn ich das Leben der Anderen angefangen hätte, dann wäre jetzt, ja was eigentlich? Vermutlich genau das gleiche, nur irgendwo anders auf der Welt unter anderen Bedingungen, aber am Ende doch das gleiche. Was wäre wenn? - Es gibt ja die magische Formel "es-war-einmal" wo angeblich kleine Kinderaugen sofort zugehen und es gibt diese magische Einleitung "was-wäre-eigentlich-wenn" und dann kommt irgendein begnadetes Genie mit einer bahnbrechenden Idee um die Ecke, es fogt eine irrwitzig ausgeklügelte Erfindung, die die Welt verändert, den großen Durchbruch hervorbringt und ganz allgemein den Stand der Entwicklung neu definiert. Vielleicht nicht für ewig aber erstmal. Wenn wir also alle bessere Menschen wären, dann? Gäbe es kein Ozonloch?
Das wär doch mal was. Ich tu mich ja schwer mit der ganzen Nachhaltigkeits-Klamotte. Nicht das ich das nicht gut und sinnvoll fände. Mir gehen nur die Menschen auf den Geist, denen man in diesem Zusammenhang nicht entkommt, mit ihrem ganzen Emo-Quatsch und ihrem militanten Sendungsbewußtsein und ihrer halbgaren Konsumhaltung. Ich meine, wer das richtig ernst meint, der muß auch Ernst machen, und das im Ernstfall auch gestalten und da wirds richtig geschmacksintensiv. Der große Trend der Nachhaltigkeit, die Ethik und die Moral, das Umweltbewußtsein, die Menschenrechte, fairer Handel, keine Kinderarbeit, Arbeitsschutz, Mindestlöhne und und und... Es ist kompliziert. Neulich habe ich diesbezüglich ein wenig im Netz herumgegraben, man soll ja keine Vorurteile hegen, wenn man sich mit der Materie nicht gut auskennt, und das simple Prinzip Beobachte-den-Feind und so... Und dabei bin ich auf etwas gestoßen, das ich schon ein paar Mal sozusagen aus dem Augenwinkel heraus gesehen habe, aber dieses Mal bin ich dran kleben geblieben. Urban Mining, ich war ganz enttäuscht bei der Recherche, denn irgendwie hatte ich zu dem Begriff ganz spontan eine gänzlich andere Vorstellung - aber vielleicht kann man sich die Dinge auch ein bißchen selbst definieren...
Vor dem Hintergrund von wachsendem Umweltbewußtsein und zunehmend kritischem Konsum, der die Herkunft von Produkten und die Gewissenhaftigkeit bei ihrer Herstellung hinterfragt, indetifiziert Urban Mining den städtischen Raum als Rohstoffmine. Das eigentliche Konstrukt Urban Mining beschäftigt sich dabei sehr stark mit Aspekten der Rückgewinnung und Wiederverwertung, dem Auffinden von Lagerstätten im Warenkreislauf und Lebenszyklus von Produkten. Der Mensch wird hierin nicht nur als Verbraucher sondern auch als Produzent wertiger Rohstoffe erkannt. Ganz klassisch gibts dazu noch eine Kongreß und nen passenden Award. Bekannte Recyclingprozesse fördern schon seit langer Zeit Rohstoffe der städtischen Mine, allein am Flaschenpfand hängen derzeit ganze Existenzen in der Abseitigkeit des bekannten Gesellschaftssystem. Von großem Interesse ist hierbei der Faktor Zeit, relevant ist die Dauer der Rohstoffbindung im Lebenszyklus eines Produktes und ob es auf diesem Weg an Wertigkeit gewinnt oder eine Wertminderung erfährt.
Urban Mining ist also ein strategischer Entwurf zur Vermeidung von Abfall, zur Schonung von Ressourcen, zur Wiederbeschaffung von Rohstoffen und zur Förderung der Unabhängigkeit von Lieferanten. Das macht alles wahnsinnig viel Sinn und ist auf jeden Fall ein ehrwürdiges Ansinnen, aber bei aller Liebe, es streift mich nur am Rande. Wenn ich mir das unter dem Gesichtspunkt des Designs ansehe, dann ändert man damit vielleicht die Herstellung, den Vertrieb, die Wertschöpfung, das Angebot und den Kundenkreis oder dessen Bewußtsein. Aber man ändert noch nicht das Design an sich. Oder die Mode.
Welche Perspektiven bietet Urban Mining der Mode? In einer ersten Annäherung kann ich bestimmt Rohstoffe als greifbare Materialien identifizieren, aber viel interessanter finde ich visuell und kulturell das städtische Großstadtleben als Lagerstätten für urbane Inspiration zu entdecken. Das Urban Mining tritt hier titelgebend als Fokus für die Inspirationssuche in Erscheinung. Kann Urban Mining auch das Wiederverwerten von Moden und Stilen sein, das städtische Zitat und die Fragmente von Bildern und Styles, Konsum und Konsumenten, von Kultur und Migration, von allem dazwischen, das ganze Durcheinander und Nebeneinander und Nacheinander und Gegeneinander und die ganze Zeit Miteinander auf engstem Raum, das nur die Ballungsgebiete hervorbringen können, weil aufem Dorf alle sagen, weißte was, mach was du willst - ich geh nach Haus!? Das Fashion Mining, das rücksichtslose Recyceln von Moden und Stielen und Epochen und Äras, und die Abstände werden immer schneller, bis - was? Alles gleichzeitig existiert? Da sind wir doch schon mit unseren ganzen Subkulturen und den 90ern, die gerade wieder sowas von in sind. In der Beziehung gibt es eigentlich nur eine Szene, die mich nachhaltig beeindruckt hat, das war der Techno, der als einziges gemeinsames Element hat, nichts Gemeinsames zu haben, diese one nation under one groove konnte nicht damit leben, das in einem Club ein Fashion Zwilling auftaucht, jeder Kleiderschrank mußte absolut einzigartig und individuell sein. Die Techno-Mode lebte als erste bewusst aus dem Widerspruch eines szeneprägenden Styles, der als verbindender Aspekt jeden einzelnen dazu anhält, einen eigenen Style zu entwickeln. Das Ergebnis ist ein bunter Haufen schräger Leute, die nur ein gemeinsamer Anspruch, aber keine typische Zeichenhaftigkeit vereint. Dementsprechend groß und respektlos zusammengestückelt ist das Repertoire der entlehnten und wieder verwendeten Elemente, dieses rücksichtsloseste Recycling überhaupt ever seit der Erfindung modischer Revivals: Farben und Formen aus den Seventies, dazu ein wenig Punk, ein wenig tank-girl, ein wenig Grunge, ein wenig Fetisch und SM, viel Kunstfell, Körperschmuck und dicke Plateau-Sohlen unter klobigen Turnschuhen. Und - unglaublich - auch nicht totzukriegen.
Naja egal. Im zweiten Schritt kann ich dann beim Entwurf überprüfen, ob das Konzept neben der Inspiration auch die Ansprüche für das Design festlegt oder eine andere Umsetzung z.B in der Flächengestaltung oder Verarbeitung erfährt. Und dann erst im dritten Schritt, wenn es ein echtes Produkt in einer echten Herstellung wird, kommen die klassischen Aspekte ins Spiel und ich versuche die Produktion und das alles passend anzulegen. Es macht bestimmt Sinn, neue Konzepte zu testen, die vielleicht neben ethisch vertretbarer Mode und nachhaltigen Konzepten wie Zero Waste weitere Ansätze für ein eigenständiges Design bieten, bestimmt. Es macht Sinn, alles neu umzukrempeln und anzusehen, ob das wirklich noch länger so geht, ob man das wikrlich noch länger verteten kann, ob das wirklich noch tragbar ist (bahaha), wie lange wir das noch durchhalten, bis es sich von selbst erledigt. Es macht auch Sinn, sich von diesem total überholten Öko-Begriff zu lösen und alle damit verbundenen Vorurteile sehr nachhaltig abzuschaffen. Mal im Ernst: Öko das war ganz lange sehr schlecht Handgestricktes, Jute und Batik. Wenn also die Maker als Renaissance des Dilletantismus daherkommen, was war das denn dann bitte, das finstere Mittelalter?? Die Rache der Mumie?
Welche Perspektiven eröffnet das Urban Mining mir? Wenn ichs irgendwie vermeiden kann, werde ich kein Flaschensammler werden (obwohl man das ja immer nicht beschreien soll) und ich frage mich, wo sie nun alle stecken, die tollen Rohstoffe. Ich fühle mich eher im Skurilen damit konfrontiert: Leute die Gullideckel klauen, um das Metall zu verkaufen. Ist Diebstahl. Vor einer Weile las ich von einer kompletten Straße, die frisch in ein Neubauviertel hineingezimmert mit ausgewiesenem neuen Bauland rechts und links, des Nächtens abgetragen wurde, alles weg, Straßenlaternen, Pflastersteine, Rinnsteine, nur die Rohre lagen angeblich noch im Boden. Ist auch Diebstahl. Besetzte Häuser waren Urban Mining. Wohnraum ausgraben. Weggeworfenes Essen aus Restaurants und Supermärkten ist Urban Minig. Aber es kostet auch Überwindung. Von den Flaschensammlern weiß man tatsächlich, das sie sich um die Schürfrechte prügeln, das ist primitiv und hat was mit Überleben zu tun. Auf der Verkehrsinsel zelten ist Urban Mining, warum auch nicht. Als Rom halb leer stand, haben die Römer ihr Colosseum und noch so einige andere Sehenswürdigkeiten eigenhändig geschliffen, indem sie die Steine für den Hausbau fortschleppten, bis kaum etwas übrig blieb. Urbaner Steinbruch. In Rhyolite steht dieses Haus, das aus weggeworfenen Flaschen gemauert wurde. Geschickte Kombination aus Urban und Desert Mining :) Aber das war auch ein Künstler und in der Kunst, naja Kinders, da ist das ja recht üblich... Die Kunst ist also ein Nischenmarkt für das Urban Mining, der wieder ganz makermäßig bei seinen anspruchsvollen (oder vielleicht auch nicht) Kunden Höchstpreise erziehlt, wie? Im Design habe ich wirklich wenig Probleme, Goldadern zu finden und gnadenlos zu plündern. Aber bei mir im Alltag isses noch nicht wirklich spürbar angekommen, und solange diese Schere noch aufgeht, ist das Ziel noch nicht erreicht. Es klingt glasklar, es ist ein ziemlich nebliges Ding. Wer schon was zutage gefördert hat, der möge davon berichten.
Wobei der Konjunktiv ne spannende Sache ist und nur weil Dinge im Konjunktiv landen anstelle im Präsenz sind sie noch lange nicht völlig abwegig. Wenn. Wenn ich ein bißchen schlauer wäre, würde ich vielleicht Bücher schreiben, oder wenigstens Briefe, und nicht Tagebuch im Internet (was billiger ist - man spart Papier und Tinte!). Wenn ich ein bißchen reicher wäre, würde ich vielleicht nicht mehr arbeiten, sondern nur noch schreiben (dann könnte ich mir mehr Papier und Tinte leisten). Wenn ich nicht Gestalter geworden wäre, würde ich vielleicht heute mit irgendwas Geld verdienen (und ein handschriftliches Tagebuch ist mir auch zu anstrengend. Ich hab zwar Jahre an meiner Handschrift entwickelt, aber fleißig bin ich deshalb nicht geworden). Wenn ich mit meinem Leben was anderes angefangen hätte, wenn ich das Leben der Anderen angefangen hätte, dann wäre jetzt, ja was eigentlich? Vermutlich genau das gleiche, nur irgendwo anders auf der Welt unter anderen Bedingungen, aber am Ende doch das gleiche. Was wäre wenn? - Es gibt ja die magische Formel "es-war-einmal" wo angeblich kleine Kinderaugen sofort zugehen und es gibt diese magische Einleitung "was-wäre-eigentlich-wenn" und dann kommt irgendein begnadetes Genie mit einer bahnbrechenden Idee um die Ecke, es fogt eine irrwitzig ausgeklügelte Erfindung, die die Welt verändert, den großen Durchbruch hervorbringt und ganz allgemein den Stand der Entwicklung neu definiert. Vielleicht nicht für ewig aber erstmal. Wenn wir also alle bessere Menschen wären, dann? Gäbe es kein Ozonloch?
Das wär doch mal was. Ich tu mich ja schwer mit der ganzen Nachhaltigkeits-Klamotte. Nicht das ich das nicht gut und sinnvoll fände. Mir gehen nur die Menschen auf den Geist, denen man in diesem Zusammenhang nicht entkommt, mit ihrem ganzen Emo-Quatsch und ihrem militanten Sendungsbewußtsein und ihrer halbgaren Konsumhaltung. Ich meine, wer das richtig ernst meint, der muß auch Ernst machen, und das im Ernstfall auch gestalten und da wirds richtig geschmacksintensiv. Der große Trend der Nachhaltigkeit, die Ethik und die Moral, das Umweltbewußtsein, die Menschenrechte, fairer Handel, keine Kinderarbeit, Arbeitsschutz, Mindestlöhne und und und... Es ist kompliziert. Neulich habe ich diesbezüglich ein wenig im Netz herumgegraben, man soll ja keine Vorurteile hegen, wenn man sich mit der Materie nicht gut auskennt, und das simple Prinzip Beobachte-den-Feind und so... Und dabei bin ich auf etwas gestoßen, das ich schon ein paar Mal sozusagen aus dem Augenwinkel heraus gesehen habe, aber dieses Mal bin ich dran kleben geblieben. Urban Mining, ich war ganz enttäuscht bei der Recherche, denn irgendwie hatte ich zu dem Begriff ganz spontan eine gänzlich andere Vorstellung - aber vielleicht kann man sich die Dinge auch ein bißchen selbst definieren...
Vor dem Hintergrund von wachsendem Umweltbewußtsein und zunehmend kritischem Konsum, der die Herkunft von Produkten und die Gewissenhaftigkeit bei ihrer Herstellung hinterfragt, indetifiziert Urban Mining den städtischen Raum als Rohstoffmine. Das eigentliche Konstrukt Urban Mining beschäftigt sich dabei sehr stark mit Aspekten der Rückgewinnung und Wiederverwertung, dem Auffinden von Lagerstätten im Warenkreislauf und Lebenszyklus von Produkten. Der Mensch wird hierin nicht nur als Verbraucher sondern auch als Produzent wertiger Rohstoffe erkannt. Ganz klassisch gibts dazu noch eine Kongreß und nen passenden Award. Bekannte Recyclingprozesse fördern schon seit langer Zeit Rohstoffe der städtischen Mine, allein am Flaschenpfand hängen derzeit ganze Existenzen in der Abseitigkeit des bekannten Gesellschaftssystem. Von großem Interesse ist hierbei der Faktor Zeit, relevant ist die Dauer der Rohstoffbindung im Lebenszyklus eines Produktes und ob es auf diesem Weg an Wertigkeit gewinnt oder eine Wertminderung erfährt.
Urban Mining ist also ein strategischer Entwurf zur Vermeidung von Abfall, zur Schonung von Ressourcen, zur Wiederbeschaffung von Rohstoffen und zur Förderung der Unabhängigkeit von Lieferanten. Das macht alles wahnsinnig viel Sinn und ist auf jeden Fall ein ehrwürdiges Ansinnen, aber bei aller Liebe, es streift mich nur am Rande. Wenn ich mir das unter dem Gesichtspunkt des Designs ansehe, dann ändert man damit vielleicht die Herstellung, den Vertrieb, die Wertschöpfung, das Angebot und den Kundenkreis oder dessen Bewußtsein. Aber man ändert noch nicht das Design an sich. Oder die Mode.
Welche Perspektiven bietet Urban Mining der Mode? In einer ersten Annäherung kann ich bestimmt Rohstoffe als greifbare Materialien identifizieren, aber viel interessanter finde ich visuell und kulturell das städtische Großstadtleben als Lagerstätten für urbane Inspiration zu entdecken. Das Urban Mining tritt hier titelgebend als Fokus für die Inspirationssuche in Erscheinung. Kann Urban Mining auch das Wiederverwerten von Moden und Stilen sein, das städtische Zitat und die Fragmente von Bildern und Styles, Konsum und Konsumenten, von Kultur und Migration, von allem dazwischen, das ganze Durcheinander und Nebeneinander und Nacheinander und Gegeneinander und die ganze Zeit Miteinander auf engstem Raum, das nur die Ballungsgebiete hervorbringen können, weil aufem Dorf alle sagen, weißte was, mach was du willst - ich geh nach Haus!? Das Fashion Mining, das rücksichtslose Recyceln von Moden und Stielen und Epochen und Äras, und die Abstände werden immer schneller, bis - was? Alles gleichzeitig existiert? Da sind wir doch schon mit unseren ganzen Subkulturen und den 90ern, die gerade wieder sowas von in sind. In der Beziehung gibt es eigentlich nur eine Szene, die mich nachhaltig beeindruckt hat, das war der Techno, der als einziges gemeinsames Element hat, nichts Gemeinsames zu haben, diese one nation under one groove konnte nicht damit leben, das in einem Club ein Fashion Zwilling auftaucht, jeder Kleiderschrank mußte absolut einzigartig und individuell sein. Die Techno-Mode lebte als erste bewusst aus dem Widerspruch eines szeneprägenden Styles, der als verbindender Aspekt jeden einzelnen dazu anhält, einen eigenen Style zu entwickeln. Das Ergebnis ist ein bunter Haufen schräger Leute, die nur ein gemeinsamer Anspruch, aber keine typische Zeichenhaftigkeit vereint. Dementsprechend groß und respektlos zusammengestückelt ist das Repertoire der entlehnten und wieder verwendeten Elemente, dieses rücksichtsloseste Recycling überhaupt ever seit der Erfindung modischer Revivals: Farben und Formen aus den Seventies, dazu ein wenig Punk, ein wenig tank-girl, ein wenig Grunge, ein wenig Fetisch und SM, viel Kunstfell, Körperschmuck und dicke Plateau-Sohlen unter klobigen Turnschuhen. Und - unglaublich - auch nicht totzukriegen.
Naja egal. Im zweiten Schritt kann ich dann beim Entwurf überprüfen, ob das Konzept neben der Inspiration auch die Ansprüche für das Design festlegt oder eine andere Umsetzung z.B in der Flächengestaltung oder Verarbeitung erfährt. Und dann erst im dritten Schritt, wenn es ein echtes Produkt in einer echten Herstellung wird, kommen die klassischen Aspekte ins Spiel und ich versuche die Produktion und das alles passend anzulegen. Es macht bestimmt Sinn, neue Konzepte zu testen, die vielleicht neben ethisch vertretbarer Mode und nachhaltigen Konzepten wie Zero Waste weitere Ansätze für ein eigenständiges Design bieten, bestimmt. Es macht Sinn, alles neu umzukrempeln und anzusehen, ob das wirklich noch länger so geht, ob man das wikrlich noch länger verteten kann, ob das wirklich noch tragbar ist (bahaha), wie lange wir das noch durchhalten, bis es sich von selbst erledigt. Es macht auch Sinn, sich von diesem total überholten Öko-Begriff zu lösen und alle damit verbundenen Vorurteile sehr nachhaltig abzuschaffen. Mal im Ernst: Öko das war ganz lange sehr schlecht Handgestricktes, Jute und Batik. Wenn also die Maker als Renaissance des Dilletantismus daherkommen, was war das denn dann bitte, das finstere Mittelalter?? Die Rache der Mumie?
Welche Perspektiven eröffnet das Urban Mining mir? Wenn ichs irgendwie vermeiden kann, werde ich kein Flaschensammler werden (obwohl man das ja immer nicht beschreien soll) und ich frage mich, wo sie nun alle stecken, die tollen Rohstoffe. Ich fühle mich eher im Skurilen damit konfrontiert: Leute die Gullideckel klauen, um das Metall zu verkaufen. Ist Diebstahl. Vor einer Weile las ich von einer kompletten Straße, die frisch in ein Neubauviertel hineingezimmert mit ausgewiesenem neuen Bauland rechts und links, des Nächtens abgetragen wurde, alles weg, Straßenlaternen, Pflastersteine, Rinnsteine, nur die Rohre lagen angeblich noch im Boden. Ist auch Diebstahl. Besetzte Häuser waren Urban Mining. Wohnraum ausgraben. Weggeworfenes Essen aus Restaurants und Supermärkten ist Urban Minig. Aber es kostet auch Überwindung. Von den Flaschensammlern weiß man tatsächlich, das sie sich um die Schürfrechte prügeln, das ist primitiv und hat was mit Überleben zu tun. Auf der Verkehrsinsel zelten ist Urban Mining, warum auch nicht. Als Rom halb leer stand, haben die Römer ihr Colosseum und noch so einige andere Sehenswürdigkeiten eigenhändig geschliffen, indem sie die Steine für den Hausbau fortschleppten, bis kaum etwas übrig blieb. Urbaner Steinbruch. In Rhyolite steht dieses Haus, das aus weggeworfenen Flaschen gemauert wurde. Geschickte Kombination aus Urban und Desert Mining :) Aber das war auch ein Künstler und in der Kunst, naja Kinders, da ist das ja recht üblich... Die Kunst ist also ein Nischenmarkt für das Urban Mining, der wieder ganz makermäßig bei seinen anspruchsvollen (oder vielleicht auch nicht) Kunden Höchstpreise erziehlt, wie? Im Design habe ich wirklich wenig Probleme, Goldadern zu finden und gnadenlos zu plündern. Aber bei mir im Alltag isses noch nicht wirklich spürbar angekommen, und solange diese Schere noch aufgeht, ist das Ziel noch nicht erreicht. Es klingt glasklar, es ist ein ziemlich nebliges Ding. Wer schon was zutage gefördert hat, der möge davon berichten.
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