MAKER oder Das Internet der Dinge Teil II


Die Zukunft - und die Gegenwart - das Nadelöhr - der ganze Mist... Das kann schon echt verwirrend sein. Wenn ich zuviel Zeit habe, die mich von der Zukunft trennt, fülle ich die ja gerne mal mit nem Buch oder zwei drei und bei leichter Kost kann ich mich immer wieder für SciFi begeistern. Seit Jahren schmökere ich durch hahnebüchene Zukunftsvisionen und freue mich über jede abartige Technik, über Raumschiffe mit irrwitzigen Antriebssystemen, Waffensysteme mit faszinierend fantasievoller Wirkung und eine medizinische Ausrüstung, die sich jemand auf nem ordentlichen Drogenrausch ausgedacht haben muß. Genetik, Nanobots, Wurmlöcher, Beamer, Wanderplaneten, Farcaster, Parallel-Universen, Zeitreisen, Raumpiraten, KI, Androiden, Klone, Aliens, Phaser, Bewußtseinswechsel in die Matrix, wenn man die Augen schließt, kann man förmlich an der verdammten Warpgondel lecken und man tastet schon vage nach dem Stecker für die implantierte Buchse, um sich online wegzuschießen. Douglas Adams per Anhalter durch die Galaxis, niemals ohne Handtuch und für die Antwort auf alle Fragen, Gene Roddenberrys Enterprise und die Reise in fremde Galaxien, die nie zuvor ein Mensch gesehen hat, Frank Herberts Dune und das Spice-Imperium in einer unendlich fernen Zukunft nach der Abschaffung von Computern, William Gibsons Cyberpunk, der die Welt nicht nur in real und virtuell, sondern auch in schrottig und glänzend zersplittert, Asimovs Robotergesetze und die bombastische Foundation-Trilogie, 20.000 Jahre weit weg und der Meister der schlagfertigen Dialoge und bösartigen Satire, John Scalzi. Es gibt auch harte Packungen, kritische Klassiker und böse Szenarien, die zum Denken anstiften, George Orwells Überwachungsstaat 1984, Gibsons Bridge-Triologie und die nodale Wahrnehmung im Netz, die finstere KI-Herrschaft in der Warchowski-Matrix, Philip K. Dicks Überbevölkerung in Blade Runner oder die verheerende Rechtssprechung über zukünftige Verbrechen in Minority Report, Arthur C. Clarke 2001 Odysse im Weltraum mit HAL, Stanislaw Lems Münchhausen Ijon Tichy und die Sterntagebücher, Haruki Murakamis Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt mit der seltsamen Unsterblichkeit im endlosen Augenblick des Todes oder die Flucht in die innere Welt, Dan Simmons Endymion und die Hyperion-Gesänge mit den gruseligen Auferstehungschristen, der Kruziform und dem erbitterten Kampf TechnoCore gegen nanoveränderte Ousters. Ja wow, sie versuchen sich alle an großartigen Entwürfen der Zukunft. Und das Los der meisten ist irgendwann von der Gegenwart eingeholt zu werden. 1984 durch, 2001 lange her, 2019 nicht mehr weit (Blade Runner), 2080 nicht in unerreichbarer Zukunft (Minority Report). Dann kann man sich den Spaß machen und prüfen, wie nah sie ans IST herangekommen sind.

Mal ganz im Ernst, Kinders. Es sind fantastische Romane, aber erschreckend vieles davon hat sich irgendwie auch bewahrheitet und oder es ist abzusehen, das es nicht mehr lange dauert. Die Gesellschaftsprobleme, die dabei beleuchtet werden, sind nun keine bahnbrechenden Erkenntnisse, vielmehr greifen sich viele Autoren ein bestehendes Problem, von dem abzusehen ist, das es in Zukunft ein entsetzliches Problem wird und spinnen dort gemütlich weiter. Man darf dabei aber nicht vergessen, das egal wie fantastisches das ganze Unternehmen auch ist, es werden doch Skizzen und Ideen aufgeworfen die vielleicht nicht nur einen Überlegung wert sind, sondern vielleicht tatsächlich die Saat einer Lösung in sich tragen und sei es nur mit dieser fantastischen Geschichte das Bewußtsein um ein herannahendes Gigantomanenproblem zu schärfen. Die gibt es ja reichlich und die von denen man sich aktuelle den größten Druck verspricht, der uns vielleicht dereinst zu extraterrestischen Expansionsunternehmungen bringt, sind immer noch Überbevölkerung dicht gefolgt von Umweltverschmutzung. Das ist sicherlich richtig, aber am liebsten haben Menschen immer schon Dinge getan, einfach weil sie es können. Darf man also auch sagen, wir können ins Weltall fliegen, also werden wir es auch weiterhin tun und dann kommt das übliche höher-schneller-weiter ins Spiel und fupps sitzt die erste Kolonisationswelle auf irgendeinem bescheuerten Jupitermond und die zweite segelt Richtung Proxima Centauri, sind ja nur 1,3 Parsec, und wenn dann anschließend jemand die Geschichte aufrollt, heißt es wieder, ja die Erde war ja so überbevölkert und so umweltverschmutzt, da mußten wir ja fremde Planeten besiedeln.

These: Womit sich die Frage stellt, ob es anders gewesen wäre, hätte es den Roman nicht gegeben, bzw. ob der virtuelle Style und die in die Luft geworfenen Ideen die Entwicklung echter Technologie beeinflussen, weil vorhandene Ideen üblicherweise einfach die Runde machen und dabei nicht um Erlaubnis fragen und dann greift halt irgendwer danach und macht sie wahr. Der angewandte virtuelle Style ist eine gekonnte Synthese aus einer vorhersehbaren technologischen Entwicklung und fantastischen Visionen, gerät die Mischung zu fantastisch, ist der Roman wenig überzeugend, bleibt das Rezept zu pragmatisch, vermißt man den Geist der SciFi. Ist das wirklich so? Wir waren doch beim Internet der Dinge, das neuerlich so großartig gefeiert wurde und doch irgendwie schon ein alter Hut ist. Ja sicher, die Maker nach den Globalisierungs-Giganten, der Zugang zu Produktionsstätten und Technologien, die früher hermetisch in ihren Branchen abgeriegelt waren, das Übel ein Produzenten zu finden, Lizenzen und Patente, die Schwierigkeiten einer Unternehmensgründung und der Finanzbedarf beim Start, das damit unweigerlich verbundene Risiko - alles weggegfegt. Ja sicher, OpenSourceProjekte und weltweit erreichbare Produktionsstätten, Kleinserien und Einzelanfertigungen mit modernsten Mitteln, das minimierte Risiko, Vertrieb in Eigenregie an eine weltweiten Kundenkreis, aus eigener Tasche finanziert im Rahmen der eigenen finanziellen Möglichkeiten. Ja sicher, Dawanda, Tictail und Etsy, jeder kann loslegen, professionell, semiprofessionell, halbseiden oder zusammengebastelt, es findet sich für alles ein Liebhaber. 

Die Maker sind ein Gestaltungsphänomen, das mit dem Ende des globalisierten Designs zusammenfällt, sie erfüllen das Vakuum ausgestorbener Vielfältigkeit und das Sehnen nach individualisierter Ware, limitierten Kleinauflagen und Besonderheit, das Alleinstellungsmerkmal ist weltweiter Versand bei extrem geringer Verfügbarkeit zu einem Preis, der Wertigkeit unterstreicht ohne blamabel luxuriös auszufallen. Das Gewissen ist eingestiegen, Nachhaltigkeit, Moral und unantastbare Rechtschaffenheit prägen das Konsumverhalten, aber nur bei denen, die es sich leisten können. Für diejenigen, die es sich nicht leisten können, wird das zum Produkt an sich bei einzelnen Streuposten in den Sortimenten der Supermärkte und Diskounter. Achja und Schindluder wird natürlich auch damit getrieben, nicht mehr und nicht weniger als bei anderen Marktstrategien, wieso auch. Mit Sicherheit lösen die Maker die Erfinder ab, von denen viele Berge von Patenten angemeldet haben, die es niemals aus der Schublade schafften, weil sich kein Unternehmer fand, der bereit war, daran zu glauben. Der Glaube wird gleich viel dehnbarer, wenn das Risiko geringer ist, so gesehen sind die Überlebenschancen für Ideen drastisch gestiegen. Trotzdem glaube ich, das die Makerbewegung und das Schlaraffeninternet der Dinge nur ein ganz kurzer Zwischenschritt ist auf dem langen Weg zu etwas viel größerem.






[foto: Rini Tinnef // stubensphinx]

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