antirealität

die zukunft hat zeit. ich nicht.

ich mag ja gerne auf der autobahn fahren. vor allem, wenn das ziel weit weg ist. der ritt zu meinen eltern sind 620km, das dauert etwa 7 stunden, und taugt völlig gut, um je nach mission mit komplett beräumtem gefühlsleben, nem neuen konzept zur abschaffung des dunkels oder der nächsten winterkollektion anzukommen. das mit dem teuflisch guten plan zur eroberung der welt habe ich aufgegeben, da komme ich üblicherweise zu keinem klaren ergebnis (wir sprachen bereits darüber).

was dabei leider sprichwörtlich auf der strecke bleibt, sind die alltäglichen kleinen dinge, die schlagartig von größter wichtigkeit sein können, sowas wie ne zahnbürste am samstag abend, aspirin vor den weihnachtsfeiertagen, die bücher von nem guten freund, die man schon seit zehn jahren zurückbringen will und eigentlich jedes mal vergißt, peinlich peinlich, das geburtstagsgeschenk ist noch gar nicht verpackt, das ladekabel ist liegen gelassen und der akku vom telefon piept schon 20 km hinter berlin, kleid und strumpfhose für die hochzeit/den runden geburtstag/das feiertagsessen/die große verwandtensause sind eingepackt, aber die schuhe habens nicht in die tasche geschafft - ok, turnschuhe geht immer und außerdem würde mir das nie passieren. über mangel an schuhen auf reisen kann ich mich nicht beklagen, das kann ich. ich würd das kleid liegen lassen.

aber egal, der springende punkt ist eigentlich, daß irgendein teil nicht den weg in die tasche findet, meist das am wenigsten zu verschmerzende. ich weiß nicht, wie oft ich schon am 25. dezember ne apotheke mit notdienst gesucht habe, weil wieder die kontaktlinsenreinigung ausgegangen ist, oder nachts zahnbürsten an tankstellen gekauft habe und es gibt weiß gott keinen spätkauf im rest der republik, das vergesse ich immer wieder. bevor man lernt, an alle nötigen dinge zu denken, wird man sehr viel schneller geübt darin, sie zu unmöglichen uhrzeiten an völlig undenkbaren orten unter unglaublichen anstrengungen irgendwoher zu organisieren.

manche dinge führen auch ein erschreckendes eigenleben. mein telefon ist immer da, wo es sein sollte, aber ich finde es nicht, weil ich zuerst in panik überall sonst nachsehe. das zugehörige ladegerät fühlt sich in meiner tasche nicht wohl und springt immer wieder raus. kann ich verstehen, ich würd dadrinne auch platzangst kriegen. mein geldbeutel ist ein treues geschöpf, der ist immer da, das heißt aber nicht, das es was nützt, da selten was drinne is. beim packen habe ich so meine probleme, bei einer übernachtung in der fremde neige ich dazu, den ganzen kleiderschrank einzupacken, besonders bei schuhen kann man nie wissen, was man so alles braucht. geht die reise mehrwöchig, komme ich mit minimalgepäcke und den turnschuhen, in denen ich loslaufe, bestens aus und bin danach noch der meinung, zu viele klamotten dabeigehabt zu haben...

naja. neulich hats dem kaiser echt den zacken aus der krone gehauen, das war die kuppe. ich fahre nach köln - also eigentlich zur familie, es stand der runde geburtstag meines alten herrn an, und zur krönung kam ich auf die glorreiche idee, da noch en job reinzuorganisieren - auf einen zweitägigen riesenshoot, ein megastyling aus alten studienklamotten und neuerlichen basteleien. ich kam gerade aus nürnberg von einer hochzeit, hatte einen tag zum umpacken, hab bis auf die letzte minute an den klamotten rumgewurschtelt, mußte noch bis kurz vor knapp arbeiten, das auto war voll bis unter die dachkante, es ging halt alles eben so. dann wurde mir leider eine kleine faulheit zum verhängnis: eine maske sollte noch golden angesprüht werden, erst habe ichs vor mir hergeschoben, dann habe ichs vergessen, dann habe ich die shooting reihenfolge umgestellt, die maske rückte von shooting-tag 1 auf shooting-tag 2, sie wurde um mitternacht im keller der eltern mehr schlecht als recht mit farbe eingenebelt, in eine tüte verpackt zum transport neben die tür gestellt, ja, und da steht sie glaube ich heute noch.

der shoot fand also ohne maske statt und ich habe gelernt, daß es gewisse dinge gibt, die einfach nicht geshootet werden wollen. das ging schon im studium nicht und auch genauso weiter. ich bin gespannt, wie sich bei einem neuerlichen versuch die realität um dieses ding herum biegen wird, ich bezweifele, daß sie sich in form eines fotos verbinden werden, die gemeinsame schnittmenge bleibt vermutlich diese blöde tüte.

das prinzip ist übertragbar, es gibt reichlich vorhaben, die - über das stadium der idee längst hinausgewachsen - doch nie stattfinden, es kommt immer wieder was anderes dazwischen, projekte, die trotz intensiver arbeit nie vollendet werden, kurz vor der fertigstellung geht immer wieder was kaputt, aber man kann anders als bei schlechten angewohnheiten und mangelhaften wesenszügen überhaupt niemandem - nicht mal sich selbst - einen vorwurf daraus machen. wieso also ärgern? ich finds lustig. und morgen versuche ich nochmal einen verteufelt guten plan zur eroberung der welt zu fassen :)

[hier bei der arbeit]

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