USA // von den kill devil hills über den skyline drive - virginia...


...oder wie die unendliche geschichte zu ende ging. die zukunft ist ungewiß und preßt sich ganz allmählich durch das nadelöhr der gegenwart. sie braucht da besonders viel weile für, wenn man es ganz hochnoteilig hat, und haspelt dann wieder undankbar davon, wenn man sich wünscht, dieser augenblick möge nie vorbei sein. timing, das haben wir unterwegs außergewöhlich gut gekonnt und mindestens genau so oft komplett in den sand gesetzt, mit den unterschiedlichsten ergebnissen, manchmal zu unserer erbauung, hin und wieder zum schwarz ärgern.

da sich die reise dem ende zuneigt, das denkbar fette ende uns aber noch gänzlich unbekannt war, macht jeder im stillen seine vorläufigen kassensturz, jeder mit dem ansinnen, in den verbleibenden tagen noch sämtliche ausstehenden bewerbchen unterzubringen. outer banks sollte uns den ersehnten strandtag bringen, ich bin kein sonderlicher freund vom sinnlosen abbraten auf unterhaltungsarmen sandbänken und halte auch im meer plantschen nur für laschen missions-ersatz, aber so ein einzelner tag am strand macht das bild irgendwie rund, außerdem plagte uns mittlerweile etwas der langstrecken-frust und ein bißchen faulheit klingt da recht verlockend, und ohne famosen sonnenbrand ist kein urlaub perfekt, obwohl man das besser nicht beschworen hätte, es lag auch halbwegs am wegesrand, die zeit hatten wir eh und outer banks ist auch nicht irgendein strand, sondern ein abenteuerliches stück erde frech vor der ostküste, eine ehemalige piratenburg, zur touristenfalle erschlossen, da kann man ja nicht widerstehen. kurz vor den kill devil hills bogen wir auf der schmalen landzunge südlich ab und suchten uns ein verwunschenes strändchen abseits vom großen rauschen der badenden massen.



der freilich größte fehlschluß aller zeiten war die überzeugung, das das ohne sonnenschutz für eine weile gehen tut - ich muß mich da ausklammern, ich krieg nur schwerlich sonnenbrand, ich mag aber auch nicht auf anderen rumhacken - wer den schaden hat, spottet sowieso jeder beschreibung. die rettende flucht in ein motel in kill devil hills kam einfach zu spät, da war der besagte schaden schon unvorstellbar. dementsprechend wenig aufmerksamkeit haben wir auch einigen randereignissen geschenkt, die gar nicht so unwichtig waren, und da kann ich mich so überhaupt nicht ausklammern, von uns dreien habe ich das glaube ich als letzter so richtig kapiert. das erdbeben in virginia ging glatt an uns vorbei, da waren wir noch nicht angekommen, auch die nachbeben als wir dann später da angekommen waren, haben wir notizlos verschlafen, bis auf felix. der blöde sack im motel-nachbarzimmer von der kabel-firma, den man vorsorglich vor ort abgeparkt hatte, damit er nach dem großen hurricane die überlandleitungen wieder zusammenknotet, der hat mit seiner lebensgeschichte reichlich genervt, wirbelsturm irene war bereits seit atlanta angekündigt und da waren wir deutlich davor. so wir von timing sprachen, wähnten wir uns auf dem schmalen grat unseres ereignis-horizonts reichlich sicher, saßen doofe witze reißend auf outer banks und karrten anderntags schwere verbrennungen leckend gen norden.



am folgenden vormittag statteten wir einem örtlichen freiluft-museum einen amtlichen besuch ab, dort waren original bauernhöfe aus den 17. & 18.jhd. aufgebaut, aus irland, england, deutschland und (!) westafrika, im original stein für stein abgerissen und in virginia wieder hingeschustert, zur veranschaulichung der "alten welt", also der wurzeln der ersten siedler. in der "neuen welt" gabs dann farmhäuser aus dem 17.,18. & 19.jhd. aus amerika zu bestaunen, auf einem überraschend großen gelände, bevölkert mit ulkigen ehrenamtlichen helfern, die da in original-trachten den beschäftigungen der damaligen zeit nachgehen, spinnen, weben, irgendwelches zeug auf dem feld anbauen und hühner halten. es fühlt sich tatsächlich an, wie eine kleine welt- und zeitreise, staunend habe ich mir diese amerikanischen koppelzäune angesehen, die aus stecken zusammengestapelt werden und zum spaß den schaffner gefragt, ob die nicht einstürzen wie die kartenhäuser, wenn man da einen stecken rauszieht. der alte hat irgendwie nicht mitgeschnitten, das ich ihn foppen wollte, aber irgendwie hätte ich ihn auch auffressen können, wie man so herzanrührend süß sein kann, einstürzen würden sie auf gar keinen fall, aber, so wußte er zu berichten, für ein fest hatte man dort mal einen abschnitt rausgenommen, um die koppel für die gäste zu öffnen, und danach wie das halt so ist, lauter teile überbehalten. wenn man etwas repariert hat, bleibt immer eine schraube übrig und so lag die koppel immer noch mit überzähligen stecken voll, die vorher, naja, irgendwo in diesem zaun halt gesteckt haben. :)



die hitze trieb uns schlußletztendlich wieder ins auto, es kündigte sich wieder mal ein gesalzenes gewitter an, so fuhren wir also auf den skyline drive im shenandoah national park, der sich über 160km lang auf dem berggrat hoch über die appalachen richtung norden windet. weil es so lang ist, darf man auch dementsprechend langsam fahren, ganze 35mph, und das ist auch ganz gut so, sonst würde man es kaum schaffen auf den über 70 winzigen aussichtsnieschen am wegesrand zu ankern. da uns das gewitter direkt auf den ersten metern überraschte, mußten wir den halbstündigen wolkendturz kurz aussitzen, darauf entspann sich auf den ausgucken aber auch eine atemberaubende aussicht in die wolkenverhangenen täler beiderseits des bergkamms. der skyline drive erfreut sich wohl seiner größten beliebtheit spät im jahr, wenn es in den dichten wäldern herbstelt und die bäume bunt werden. stolze sieben dollar eintritt in den park werden dem ausmaß an aussicht, das man hier geboten kriegt, nicht sehr gerecht, am ende war der trip wirklich unbezahlbar. white sands hat glaube ich auch stolze acht bugs gekostet und selbst die 25 dollar für den canyon waren nicht überteuert, ehrlich gesagt habe ich mit viel mehr gerechnet. die national parks sind genau genommen saubillig für das, was man da geboten kriegt, die straßen werden dort penibel gewartet und das gelände akribisch sauber gehalten, ich habe nicht eine einzige leere dose oder weggeschmissenen flasche gefunden, alle paar meter findet sich ein klo-häuschen und die ranger sind nicht nur extrem freundlich, sondern auch für fast jede unternehmung zu buchen, von nachtwandern bis extremsport.



unser letztes nachtlager in freier wildbahn schlugen wir am ende des skyline drive in einem nest mit dem eindrucksvollen namen fort royal auf und hier sollten so ein bißchen die ereignisse über uns zusammenschlagen. von hier hätten wir noch eine tagesreise bis NYC gehabt, alles war schon durchgeplant und sollte nur für einen letzten shoppingtag ausgesetzt werden, ich hatte da noch ein paar must-haves zu erbeuten, bin aber dummerweise an der beschaffung ordentlicher cowboy-boots gescheitert, es hat nur für einen amtliche hut gereicht. der ärger über diesen umstand fand am späten abend ein jähes ende, als wir herausbekamen, das unser flug gestrichen war - wie auch alle anderen, die küsten-flughäfen wurden reihenweise geschlossen in erwartung des hurricanes, die behörden begannen gerade mit massen-evakuierungen und allerorten wurden in stadien, schulen und sporthallen notunterkünfte hergerichtet. da war es wieder, das grandiose timing, bei dem wir völlig außer acht gelassen hatten, das der sturm uns natürlich irgendwann einholen würde, und unsere reise-route im inland wenig bringt, wenn der verdammte flughafen aufs offene meer guckt.



nachdem einer wahrhaft langen und ergebnislosen nacht in irgendwelchen hotlines entschieden wir uns kategorisch gegen eine weiterfahrt nach NY und bogen sozusagen im rechten winkel richtung washington zum dulles-airport auf, um dort mal vorzusprechen, das war der einzige internationale flughafen in erreichbarer entfernung. das, was diese tante an dem delta-schalter dann in den folgenden drei stunden veranstaltet hat, war wirklich maßlos beeindruckend. die allererste antwort auf unser anliegen war "nächsten freitag - vielleicht" und aus verschiedenen gründen völlig untragbar, aber irgendwie auch nicht ganz unerwartet, oft genug hört man von tagelang an flughäfen campierenden touristen, die aus den unterscheidlichsten gründen nicht nach hause kommen, ich hatte so die horror-vorstellungen von dem vulkan-ascheregen im kopf. dann wollte sie uns auf drei unterschiedliche flüge schicken, dann hat sie noch eine stunde auf ihr terminal eingehackt und dabei zeichnete sich langsam ab, das unser hauptproblem der umstand war, das unser flug eigentlich erst am nächsten tag gegangen wäre und daher im reservierungssystem noch nicht abgelaufen war. irgendwie hat sie es aber doch hingekriegt und dann sah das ergebnis so aus: max flog leider alleine, dafür aber fast sofort los, über detroit und amsterdam direkt nach berlin.

um zu verhindern, das einer alleine zurück bleibt, behauptete ich, das felix wegen einer verletzung am bein nicht alleine fliegen könne und ich keine kreditkarte hätte, ganz knapp schrammten wir an einem flug mit elend langem break in toronto vorbei und bekamen eine maschine am gleichen tag nach atlanta und einem anschlußflug am folgetag, allerdings nur bis frankfurt - oder halt warten bis freitag. auf deutschem boden kennen wir uns aus und kommen immer vorwärts, also schlugen wir zu, brachten in panischer eile den mietwagen zur abgabe und entfleuchten richtung atlanta. es muß eine der letzten maschinen gewesen sein, denn am nächsten tag wurde auch washington geschlossen.



atlanta - griff zum telefon. ich glaube, mein nicht namentlich genannt werden wollender studienkollege florian und seine freundin haben nicht schlecht gestaunt, uns (leicht dezimiert) so schnell wieder zu gesicht zu kriegen, eigentlich waren wir erst für weihnachten in berlin verabredet. der flug war auch alles andere als angenehm, irene schob auf breiter front schlechtes wetter vor sich her, die flugroute wurde weiter ins landesinnere hinter die appalachen verlegt, und neben der schrägelage konnten wir auch mit beachtlicher verspätung glänzen. aber je später der abend, desto schöner die gäste und genauso schnell waren wir auf einer party gelandet, die aber angesichts der späten stunde bald ein ende fand und dann gleich in eine kneipentour zu münden drohte, die mir eigentlich nur erspart blieb, weil ich meinen verdammten ausweis noch im koffer zu stecken hatte, und ohne den kommt man den usa nicht weit. das ist ein bißchen schade, diesen ominösen strip club hätte ich gerne gesehen, ich hab mir sagen lassen, das das so ne art freak-show ist, weil es den laden schon sehr lange gibt und die tänzerinnen aber nie durch frischere ersetzt wurden...



unter den gegebenen umständen ging es uns also echt unverschämt gut und wir setzten noch einen drauf, verputzten einen anständigen mitternachtsfraß und begossen den lauen abend auf der lauschigen terasse auf dem dach mit der stimmungsvollen untermalung rumpelder güterzüge. in atlanta war irene ein medienereignis und verdammt weit weg. dieses glück blieb uns erhalten, als wir in frankfurt aufschlugen, mit knoten in den beinen und jetlag-watte im kopf, und uns überlegt haben, eigentlich ist das nicht ganz in ordnung, das wir jetzt in frankfurt sitzen und nicht so genau wissen, wie wir nach berlin kommen, da glaubte ich, alle vier eckzähne in den delta-counter schlagen zu müssen, um ergebnisse zu erzielen, statt dessen sind wir fünf minuten später völlig entspannt mit einer buchung auf den übernächsten lufthansa-flug wieder rausgekehrt worden, weil wir den nächsten wegen der sicherheits-kontrolle nicht mehr gepackt hätten. hey, das nenne ich service unter erschwerten bedingungen, so gut wie uns dürfte es nur wenigen gegangen sein. danke delta!

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