blitzeis
die zukunft ist ungewiß und preßt sich ganz allmählich durch das nadelöhr der gegenwart. sie braucht da eine weile für, da wird es sommer und wieder winter. berliner winter haben so ihre eigenheiten, nicht alle davon würde ich aufm bestellschein ankreuzen.
der berliner bilderbuchwinter hat leider eine halbwertzeit von 20 minuten. wenn es in dicken flocken heftig schneit, vorzugsweise nach einbruch der dunkelheit und nach feierabend, dann kommt sehr kurzzeitig die stadt und der gesamte verkehr zum erliegen. das bißchen rest-stadtgeräusch wird vom watteweichen schnee verschluckt, alles ist ganz leise, blütenweiß sauber, der schnee deckt alles zu, und sehr, sehr hell. in solchen nächten kann man mitten in der nacht in unbeleuchteten parks zeitung lesen. wenn es aufhört zu schneien, ist die luft sehr kalt und sauberer als sonst, wenn man glück hat, riecht es noch nach ofenheizung, und im orangen schein der straßenlaternen liegt der große riese ganz friedlich im winterschlaf. wie romantisch.
wenige stunden später ist der ganze zauber vorbei, der ganze schöne schnee braun und pampig zerfurchtet und in unansehlichen dreckshügeln zusammengestaucht, mit streugut pickelig dekoriert, vermatscht und breitgetreten. die klebrige soße ergießt sich ungnädig und sehr demokratisch in hauseingänge, ladenlokale, supermärkte, nobelrestaurants und dönerbuden gleichermaßen, zieht in die schuhe und autofußmatten. da sind plötzlich alle menschen gleich, das ist irgendwie beruhigend.
was, je nach lage, sehr unterhaltsam sein kann, ist das berüchtigte blitzeis. als es neulich so fiesen eisregen gab, mußte ich sehr herzlich lachen, als ich rauchend vor meinem atelier auf der straße stand und eine frau beobachtete, die morgens unglücklicherweise auf hohen hacken losgezogen war, und sich zu diesem zeitpunkt auf der anderen straßenseite verzweifelt an einer fensterbank festklammerte, nach einiger zeit den ungleichen kampf aufgab und auf strümpfen weiterlief. zugegebenermaßen echt gemein - aber lustig.
ebenfalls live erlebt, allerdings über 10 jahre her: mein erster winter in berlin, auch garniert mit blitzeis. da wohnte ich noch in berlin lichtenberg in einer platte im 17.stock, da gibt's noch ganz andere geschichten, dazu ein ander mal mehr. irgendwie bin ich da abends mal so auf einem fragwürdigen aktionskunst event im nordkiez, in der pettenkofer, blöd hängen geblieben, es ging um schach und boxen, pro zug eine runde auf die fresse hauen. als ich da geplagt von akutem kunstunverständnis und simpler langeweile herausfiel, traf ich ein wesentlich spannenderes schauspiel an. auf dem kopfsteinpflaster kam oben am berg ein fahrzeug ins schleudern und wurde wegen glatteis leider zunehmend schneller, schlug mal rechts mal links in parkende autos ein und gewann mit jedem aufprall nur noch mehr geschwindigkeit. stand anderntags in der zeitung, 14 crashs, über 50.000 damals noch d-mark schaden. in der gleichen nacht mußte ich sieben mal anhalten (auf meinen zwei kilometern heimweg) und die scheibe freikratzen, weil der regen sofort festfror.
wegen blitzeis bin ich auch über weihnachten im gleichen winter fast in berlin hängengeblieben, weil ich mich beim schwarzfahren hab erwischen lassen, jaja. blöd genug schwarz zu fahren (was ich nich mal wußte), noch blöder erwischen lassen und dann noch richtig blöd verarschen lassen. damals bin ich zum praktikum immer mit der u-bahn gefahren, hatte folglich ne monatskarte. da war auf der seite en stempel drauf, gültig bis 6.januar. dazu mußte man ne monatsmarke aufkleben, hatte ich für dezember, allerdings nur bis zum 20. oder so, hab ich nich gemerkt. da ich noch nie zuvor wegen schwarzfahren aktenkundig war, wie auch, war ja frisch hergezogen, tehe, bot man mir an, auf irgendner bvg-stelle zu erscheinen, da irgendwas zu unterschreiben und dann wars mit ner verminderten geldstrafe getan. dachte ich. bin also dahin gepilgert, drei stunden angestanden, wisch erledigt, wieder zur u-bahn gehatscht, komme die treppe rauf und wundere mich noch, wieso die leute alle so seltsam laufen, und hab mich auch gleich auf dem pflaster lang gemacht. gepackt hatte ich schon, wollte also postwendend ins auto springen und die schlappen 600 kilometer heim fahren, das hab ich dann erst mal verschoben.
merken: blitzeis=ärger.
der berliner bilderbuchwinter hat leider eine halbwertzeit von 20 minuten. wenn es in dicken flocken heftig schneit, vorzugsweise nach einbruch der dunkelheit und nach feierabend, dann kommt sehr kurzzeitig die stadt und der gesamte verkehr zum erliegen. das bißchen rest-stadtgeräusch wird vom watteweichen schnee verschluckt, alles ist ganz leise, blütenweiß sauber, der schnee deckt alles zu, und sehr, sehr hell. in solchen nächten kann man mitten in der nacht in unbeleuchteten parks zeitung lesen. wenn es aufhört zu schneien, ist die luft sehr kalt und sauberer als sonst, wenn man glück hat, riecht es noch nach ofenheizung, und im orangen schein der straßenlaternen liegt der große riese ganz friedlich im winterschlaf. wie romantisch.
wenige stunden später ist der ganze zauber vorbei, der ganze schöne schnee braun und pampig zerfurchtet und in unansehlichen dreckshügeln zusammengestaucht, mit streugut pickelig dekoriert, vermatscht und breitgetreten. die klebrige soße ergießt sich ungnädig und sehr demokratisch in hauseingänge, ladenlokale, supermärkte, nobelrestaurants und dönerbuden gleichermaßen, zieht in die schuhe und autofußmatten. da sind plötzlich alle menschen gleich, das ist irgendwie beruhigend.
was, je nach lage, sehr unterhaltsam sein kann, ist das berüchtigte blitzeis. als es neulich so fiesen eisregen gab, mußte ich sehr herzlich lachen, als ich rauchend vor meinem atelier auf der straße stand und eine frau beobachtete, die morgens unglücklicherweise auf hohen hacken losgezogen war, und sich zu diesem zeitpunkt auf der anderen straßenseite verzweifelt an einer fensterbank festklammerte, nach einiger zeit den ungleichen kampf aufgab und auf strümpfen weiterlief. zugegebenermaßen echt gemein - aber lustig.
ebenfalls live erlebt, allerdings über 10 jahre her: mein erster winter in berlin, auch garniert mit blitzeis. da wohnte ich noch in berlin lichtenberg in einer platte im 17.stock, da gibt's noch ganz andere geschichten, dazu ein ander mal mehr. irgendwie bin ich da abends mal so auf einem fragwürdigen aktionskunst event im nordkiez, in der pettenkofer, blöd hängen geblieben, es ging um schach und boxen, pro zug eine runde auf die fresse hauen. als ich da geplagt von akutem kunstunverständnis und simpler langeweile herausfiel, traf ich ein wesentlich spannenderes schauspiel an. auf dem kopfsteinpflaster kam oben am berg ein fahrzeug ins schleudern und wurde wegen glatteis leider zunehmend schneller, schlug mal rechts mal links in parkende autos ein und gewann mit jedem aufprall nur noch mehr geschwindigkeit. stand anderntags in der zeitung, 14 crashs, über 50.000 damals noch d-mark schaden. in der gleichen nacht mußte ich sieben mal anhalten (auf meinen zwei kilometern heimweg) und die scheibe freikratzen, weil der regen sofort festfror.
wegen blitzeis bin ich auch über weihnachten im gleichen winter fast in berlin hängengeblieben, weil ich mich beim schwarzfahren hab erwischen lassen, jaja. blöd genug schwarz zu fahren (was ich nich mal wußte), noch blöder erwischen lassen und dann noch richtig blöd verarschen lassen. damals bin ich zum praktikum immer mit der u-bahn gefahren, hatte folglich ne monatskarte. da war auf der seite en stempel drauf, gültig bis 6.januar. dazu mußte man ne monatsmarke aufkleben, hatte ich für dezember, allerdings nur bis zum 20. oder so, hab ich nich gemerkt. da ich noch nie zuvor wegen schwarzfahren aktenkundig war, wie auch, war ja frisch hergezogen, tehe, bot man mir an, auf irgendner bvg-stelle zu erscheinen, da irgendwas zu unterschreiben und dann wars mit ner verminderten geldstrafe getan. dachte ich. bin also dahin gepilgert, drei stunden angestanden, wisch erledigt, wieder zur u-bahn gehatscht, komme die treppe rauf und wundere mich noch, wieso die leute alle so seltsam laufen, und hab mich auch gleich auf dem pflaster lang gemacht. gepackt hatte ich schon, wollte also postwendend ins auto springen und die schlappen 600 kilometer heim fahren, das hab ich dann erst mal verschoben.
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