taschen haschen
[foto: Rini Tinnef // stubensphinx]
weiber und ihr kram sind etwas seltsam. hat gewissermaßen gewöhnungsbedarf. wenn ich könnte, würde ich einfach alles, was ich besitze, darein packen, dann müßte ich nicht jeden morgen aufs neue überlegen, was ich dringend brauche und überzählige dinge wieder umständlich auspacken. dabei geht es weniger darum, etwas zu vergessen - es geht mehr darum, nicht lauter nutzloses zeug mitzuschleppen. ich dachte immer, ich hätte von natur aus ein breites kreuz, neuerdings habe ich eher das geschleppe im verdacht. die zeiten, wo ich mit muskelkater aus dem winterurlaub heimkam, sind jedenfalls definitiv vorbei. auch umzüge belasten mich nicht großartig, vor allem nicht im nacken. und dann immer diese mitleidigen kommentare, wenn man im nacken geknetet wird, wie verspannt sich das alles anfühlen würde. der totale schwachsinn - das sind einfach muskeln und denen geht es ganz prima.
na jedenfalls habe ich neuerlich eine zwanglose bestandsaufnahme gemacht - naja, das stimmt natürlich auch nicht ganz, ich habe wieder mal mein handy gesucht und nach erfolglosem graben ist mir die hutschnur geplatzt und dann wollt ichs wirklich wissen - und kann daher mit relativ großer sicherheit grenzen ziehen zwischen recht typischen gegenständen, die quasi in fast unendlicher anzahl auftreten, und dingen, die garantiert nur einmal vorhanden sind. da gibts wiederum sachen, von denen man gar nicht wußte, daß sie da sind (und es auch niemals jeh zuvor gewußt hat) und dinge, die eigentlich da sein müßten, und die verzweifelte suche nach dem corpus delicti ist der ausgangspunkt für den ganzen ärger. wenn man von den sachen, deren anzahl gegen n=unendlich geht, nicht wußte, daß sie da sind, dann will man das auch gar nicht wissen. dieser ganze lose verbund aus einzelteilen hat einen festen geologischen aufbau, auch wenn er nicht ganz der schwerkraft foglt, aber die topologie ist recht typisch für das medium handtasche. ganz oben sind die sperrigen, schweren dinge mit den vielen ecken und kanten, die nicht im treibsand abrutschen können, weil sie zu sperrig sind: rechner, kalender, notiz und addressbücher, frisch erworbene und oben drauf gestopfte einkaufstüten mit beliebigem inhalt, psp, bratpfannengroße haarbürsten, zusammengeraffte kleidungsstücke, die beim verlassen der wohnung noch schnell mitgegriffen wurden. dadrunter folgt eine dünne trennschicht loser papiere, die noch keine zeit hatten, weiter zusammenzuknüllen und abzusinken: kassenzettel, kontoauszüge, to-do-listen, aufgerissenen und hastig wiederzusammengesteckte briefe und rechnungen aus dem briefkasten, denen man sich eigentlich später widmen will, allerdings wird es dazu nie kommen. darunter befinden sich all die tausend alltäglichen dinge, ohne die überleben schlicht nicht möglich ist, geradeso noch durch die lücken erkennbar, geradeso außerhalb der reichweite tastender finger, daß man bei bedarf die halbe tasche ausräumen oder besser gleich auskippen muß: telefon, sonnenbrille im etui, auto und wohnungsschlüssel, zigaretten, geldbörse mit ec-karten, ladekabel unterschiedlicher zugehörigkeit, fotoapparat, 800er edding-marker, mp3-player und was der moderne mensch halt so mit sich schleppt an kleinst-technik, um sich täglich wohl zu fühlen. wenn man tiefer gräbt, stößt man als nächstes auf ein recht festes gefüge ohne weitere atemlufteinschlüsse aus feuerzeugen, sehr, sehr vielen feuerzeugen, in meinem fall unendlich vielen feuerzeugen, und davon gehört in der regel nicht ein einziges mir, kosmetikartikeln, aus der schachtel gekullerten tampons, memory sticks oder speicherkarten, losen zigaretten, kleine plastik-figürchen, halb aufgefressene bleistifte, visitenkarten zweifelhafter anbieter recht seltsamer dienstleistungszweige, nicht mehr klebende post-its mit so nebensächlichen notizen wie pin-nummern und schweizer nummernkonto-paßwörter, bügelpatches, verknotete kopfhörer, aufkleber aus drei verschiedenen messe-saisons, mindestens ein deo-roller und verschiedene parfum-pröbchen, längst abgelaufene schoko-riegel, und einige dinge, die man noch nie gesehen hat. bohrkerne werden nur bis in diese tiefe entnommen, alles was danach folgt, sieht das sonnenlicht erst wieder, wenn man die tasche tatsächlich auf den kopf stellt und ausschüttelt. im hades türmen sich croissantkrümel, halbe tabak-plantagen, kaugummipapierchen mit hastigen notizen, der stift für die winzige display tastatur vom telefon, halbe ohrringe und lose schrauben, ein wahres kapitalvermögen an ein cent stücken und wahrscheinlich auch die antwort auf die frage nach dem sinn des lebens - für immer mehr oder weniger oder schon wieder lebendig begraben.
wundern tut mich daran gar nichts, ärgern tut mich lediglich, daß ich nie mein scheiß-handy finde, aber ich kann mich auch nicht entscheiden, ob ich dafür dett telefon oder die tasche hasse, ich bin jedenfalls nicht schuld. wissen würde ich gerne mal, was GENAU alles dadrinne ist und ob es anderen leuten ähnlich geht. ich denke, dazu wird sich bald eine wunderbare gelegenheit ergeben, dazu aber später mehr. ändern tut sich daran gar nichts, man kauft besser ne größere handtasche und wundert sich dann immer noch nicht, wenns nicht besser wird. und graben sollte man vielleicht auch nicht.
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